Oberrheinisches Tiefland

Oberrheinisches Tiefland
Oberrheinisches Tiefland,
 
Oberrhein|ebene, 30-50 km breite Talsenke des Oberrheins; von Basel bis Mainz rd. 300 km lang. Zwischen den 400 bis über 1 000 m über dem Meeresspiegel höheren Randgebirgen Vogesen und Pfälzer Wald (Haardt) im Westen, Schwarzwald und Odenwald im Osten bildet sie vom Schweizer Jura und Sundgau bis zum Taunus (einschließlich Untermainebene) eine eingetiefte Senke (bei Basel 250 m, bei Rastatt etwa 100 m, bei Mainz 80 m über dem Meeresspiegel). Sie ist ein schon im Paläozoikum angelegter Teil der Mittelmeer-Mjösen-Zone, der sich besonders in der Zeit der Alpenfaltung (im Südteil seit dem Eozän, im Nordteil seit dem oberen Oligozän) zu einem tiefen Grabenbruch (Oberrheingraben) erweitert hat (Graben), in den das Meer zeitweise von Süden (Burgundische Pforte) und Norden vordringen konnte (im Oligozän Verbindung zwischen Nordmeer und Tethys). Der Graben ist der eingebrochene Scheitel eines kristallinen Grundgebirgsgewölbes, dessen stehen gebliebene oder herausgehobene Flanken die Randgebirge des Oberrheinischen Tieflands bilden. Sie sind durch die tektonischen Bewegungen um 4-5 km auseinander gedriftet. Sie dachen sich auf den rheinabgewandten Seiten ziemlich flach nach Westen und Osten ab und fallen zum Rhein hin steil und tief zertalt über Staffelbrüche ab. Der in der östlichen Grabenseite um bis zu 5 000 m, im Westen bis um 3 000 m abgesunkene Untergrund des Oberrheinischen Tieflands ist von mächtigen tertiären Land- und Meeressedimenten (mit Kali- und Steinsalz, Erdgas- und Erdöllagern) sowie pleistozänen Schottern aufgeschüttet worden, die wie der Untergrund von zahlreichen Verwerfungen durchsetzt sind. Die pliozänen und pleistozänen Ablagerungen erreichen ihre größte Mächtigkeit mit 640 m beziehungsweise 380 m zwischen Heidelberg und Mannheim. Wie geodätische Feinnivellements zeigen, geht die Absenkung auch heute noch weiter (bis 1 mm jährlich), allerdings zum Teil durch menschliche Eingriffe (Grundwasser- und Erdölförderung) bedingt. Auch gelegentliche Erdbeben und die geothermischen Anomalien (Erdwärme) deuten darauf. An die tektonischen Störungen gebunden sind zahlreiche Mineral- und Thermalquellen (Badenweiler, Bad Krozingen, Baden-Baden, Bad Dürkheim, Wiesbaden u. a.) und der miozäne Vulkanismus (im Kaiserstuhl und in kleineren Durchbrüchen im Nordteil).
 
Der Rhein ist mit seiner im Norden bis mehrere Kilometer breiten Flussaue (mit Wiesen und Auwäldern) zum Teil bis 15 m eingetieft in die von späteiszeitlichen Stromwässern aufgeschüttete Niederterrasse. Durch die tullasche Rheinkorrektion (Rhein) wurde die Rheinaue erheblich verändert. Neben Ackerland mit Getreide- und Hackfruchtanbau, stellenweise auch Intensivkulturen (Spargel, Tabak), gibt es größere Forsten (auf trockenen Schottern, im Norden auch auf Sanden, zum Teil mit Dünen). Über der Stromebene erheben sich im Markgräfler Land lössbedeckte Hügelländer aus Kalk und Mergeln und vor der Freiburger Bucht der Kaiserstuhl. Das gegenüber dem Graben deutlich herausgehobene Rheinhessische Hügelland, in der Geologie als Mainzer Becken bezeichnet, zählt zwar zum Oberrheinischen Tiefland, nicht aber zum Oberrheingraben. An den Gebirgsrändern ziehen sich lössbedeckte Fußsäume und Vorhügel hin mit Wein-, Obst- und Gartenbau (Ortenau, Ufgau, Berg- und Weinstraße, Rheingau).
 
Klimatisch gehört das Oberrheinische Tiefland mit mittleren Jahrestemperaturen von 9º-10 ºC und jährlichen Niederschlägen von zum Teil unter 500 mm zu den am meisten begünstigten Gebieten Deutschlands mit sehr zeitigem Frühjahrsbeginn.
 
Das infolge der natürlichen Faktoren seit dem Neolithikum kontinuierlich besiedelte Oberrheinische Tiefland ist eines der ältesten Kulturgebiete in Deutschland. Auf römischen Siedlungen entwickelten sich viele mittelalterliche Städte, so Basel, Breisach, Straßburg, Speyer, Ladenburg, Worms und Mainz. Charakteristisch für das Oberrheinische Tiefland als politisches Grenzland ist eine Vielzahl von im 18. und 19. Jahrhundert ausgebauten Festungsstädten (z. B. Neubreisach, Kehl, Philippsburg, Germersheim, Landau in der Pfalz) und jungen, nach Kriegszerstörungen neu angelegten Wege- und Straßendörfern.
 
Das Oberrheinische Tiefland ist auch eine Hauptverkehrsader im europäischen Nord-Süd-Verkehr. Um die Residenz-, Hafen- und Industriestädte (Mannheim, Ludwigshafen am Rhein, Frankfurt am Main) entwickelten sich stark verdichtete Stadt- und Industrieregionen. Hier wird bei Inversionswetterlagen durch Smogbildung infolge starker Emissionen die natürliche Klimagunst oft in ihr Gegenteil verkehrt.
 
 
H. Musall: Die Entwicklung der Kulturlandschaft der Rheinniederung zw. Karlsruhe u. Speyer vom Ende des 16. bis zum Ende des 19. Jh. (1969);
 R. Pflug: Bau u. Entwicklung des Oberrheingrabens (1982).

Universal-Lexikon. 2012.

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